Französische Gedenkstätten

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Die Gedenkstätte als geschichtliches Konzept und Gegenstand der Geschichte ist gemäß der Definition des zwischen 1983 und 1992 unter der Leitung von Pierre Nora erschienenen 3-bändigen Gemeinschaftswerks Les lieux de mémoire ein Denkmal, ein Ort oder ein Symbol, ein materielles oder ein ideelles Element, das zur Bildung der kollektiven Identität beiträgt. Einige verweisen auf wichtige, häufig dramatische Ereignisse der Vergangenheit, deren Andenken die Gemeinschaft wahren wollte.

Die Erinnerung an die Internierung und die Deportation der Juden aus Frankreich, die 76.000 unter Ihnen das Leben gekostet hat, wird anhand mehrerer Gedenkstätten auf dem gesamten Staatsgebiet wach gehalten.

67.000 Juden wurden in das Sammellager nach Drancy gebracht, das als Drehscheibe für die Deportation in die Vernichtungslager diente. Weitere 70.000 wurden in die Lager in der französischen Provinz geschickt. Einige dieser Lager sind in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg, manche auch erst wesentlich später, aus den Landschaften verschwunden (das Lager La Lande wurde beispielsweise erst 1970 abgerissen). Andere wiederum wurden restauriert und zu Gedenkstätten gemacht.

Dies sind die bedeutendsten Gedenkstätten.

Die Shoah-Gedenkstätte (PARIS)

(cc)CarlosEspejo
Die Shoah-Gedenkstätte wurde am 27. Januar 2005 anlässlich des sechzigsten Jahrestags der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau, des europäischen Holocaust-Gedenktags und des Tags der Verhütung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit eröffnet. Die Gedenkstätte ist zugleich Museum und Dokumentationszentrum, Ausstellungsort und ein Ort der Pädagogik und Bildung. Ihre Archive bestehen aus einem rund 40 Millionen Unterlagen umfassenden Dokumentationsfonds, der europaweit zu den größten zählt.

www.memorialdelashoah.org/index.php/fr/

Die Shoah-Gedenkstätte in Drancy (SEINE SAINT DENIS)

©Bertrand Guay AFP
Im Sammellager von Drancy, das der Ausgangspunkt von 63 Konvois in die ausländischen Vernichtungslager war, wurden zwischen dem 20. August 1941 und dem 22. August 1944 80.000 Personen interniert. Im Rahmen der Massenfestnahmen vom 16. und 17. Juli 1942 wurden 5000 Insassen in die Konzentrationslager geschickt. Insgesamt wurden 63.000 Gefangene deportiert und 13.000 weitere Personen in andere Lager (Compiègne, Pithiviers, Beaune-la-Rolande, usw.) geschickt. Die Gedenkstätte wurde vom französischen Staatspräsidenten François Hollande am 21. September 2012 eingeweiht. Das Bauwerk umfasst auf seinen 5 Ebenen einen Konferenzsaal, pädagogische Säle und ein Dokumentationszentrum. In einer Dauerausstellung werden die Geschichte und die Funktionsweise des Lagers sowie der Alltag der hier festgehaltenen Menschen nachgezeichnet.

www.memorialdelashoah.org/index.php/fr/memorial-de-drancy/le-memorial-de-la-shoah-a-drancy

Die Gedenkstätte der Märtyrer der Deportation (Paris)

(cc)groume
Das Mahnmal wurde im 4. Pariser Bezirk im Gedenken an alle Menschen errichtet, die zwischen 1941 und 1944 aus Frankreich deportiert wurden. Die von dem Architekten Georges-Henri Pingusson geschaffene Gedenkstätte wurde am 12. April 1962 durch den französischen Staatspräsidenten General de Gaulle eingeweiht.

www.cheminsdememoire.gouv.fr/de/gedenkstaette-der-ile-de-la-cite-paris

Die Gedenkstätte des Internierungslagers Vernet (Ariège)

(cc)thierry llansades
Das 50 ha große Lager war 1918 zur Aufnahme der Truppen aus den Kolonien gebaut worden. 1939 wurde es zu einem Internierungslager für 10.000 Soldaten der republikanischen Armee Spaniens. Nur wenig später wurden hier “Unerwünschte” eingeschlossen, darunter politische Gegner Hitlers, Mussolinis und Pétains, im Exil lebende Weißrussen sowie Mitglieder des Widerstands. Ab 1942 diente das Lager Vernet außerdem als Durchgangslager vor der Deportation für Juden, die in den Departements Ariège und Gers Opfer der Massenfestnahmen geworden waren. Zwischen 1939 und 1944 wurden hier nahezu 40.000 Personen gefangen gehalten. 4.679 davon wurden in 26 Konvois deportiert.

www.campduvernet.eu/

Die Gedenkstätte Camp des Milles (Departement Bouches-du-Rhône)

©civs
Die 25 Hektar große Ziegelei aus dem Jahr 1882 diente während des Zweiten Weltkriegs als Internierungslager für nahezu 10.000 Personen, davon 1.928 Juden, die von August bis September 1942 nach Auschwitz-Birkenau deportiert und dort ermordet wurden.

Die Gedenkstätte Camp des Milles wurde am 10. September 2012 durch den französischen Premierminister Jean-Marc Ayrault eingeweiht. Das Mahnmal am Standort des ehemaligen Lagers ist geschichtliches Museum und Gedenkstätte, dient gleichzeitig aber auch als Informations- und Dokumentations-, Forschungs- und Debattenzentrum.

www.campdesmilles.org/

Das Museum der Erinnerung von Portet-sur-Garonne (Departement Haute-Garonne)

©civs
Die 87 im Jahr 1939 errichteten Ziegelbaracken im Quartier Récébédou dienten ursprünglich als Unterkunft für die Arbeiterfamilien der staatlichen Pulverfabrik von Toulouse. Im Juni 1940 werden sie zu einem Aufnahmezentrum für die vor dem Bürgerkrieg fliehenden spanischen Republikaner umfunktioniert, zu denen später Franzosen und Belgier kamen, die vor dem Vormarsch der deutschen Truppen flohen. Ab Oktober 1940 diente es der Internierung ausländischer Juden. Im Sommer 1942 verlassen drei Konvois mit 749 Insassen den Bahnhof Portet-Saint-Simon in Richtung der Vernichtungslager. Der Lagerbetrieb wird Ende September 1942 infolge des Einschreitens des Erzbischofs von Toulouse eingestellt. Die letzten Insassen, darunter 425 Juden, werden im Nachbarlager Noé untergebracht.

Die in einem ehemaligen Gebäude des Lagers Récébédou eingerichtete Gedenkstätte wurde 2003 eingeweiht. Zum Museum gehören eine Dauerausstellung, ein Modell des Lagers und wechselnde Ausstellungen. Vor Ort können außerdem Werke über die Internierungslager konsultiert werden.

www.portetgaronne.fr/le-musee-de-la-memoire-504.html

Gedenkstätte Compiègne zur Erinnerung an die Internierung und die Deportation - Lager Royallieu (Departement Oise)

©Philippe Huguen AFP
Das am Standort einer ehemaligen Militärkaserne errichtete Lager Royallieu wurde 1941 der deutschen Verwaltung unterstellt. Es besteht aus vier Teillagern, von denen eines den Juden vorbehalten ist. Der erste Konvoi, der Deportierte von Frankreich nach Auschwitz bringt, fährt am 27. März 1942 aus Compiègne ab. Insgesamt wurden zwischen Juni 1941 und August 1944 54.000 Personen interniert. Davon wurden 50.000 deportiert und ermordet.

Die Einweihung der Gedenkstätte erfolgte am 23. Februar 2008. Drei Gebäude des ehemaligen Lagers wurden stehengelassen und können besucht werden. In knapp einem Dutzend Ausstellungsräumen wird die Geschichte des Lagers während des Zweiten Weltkriegs erläutert. Zur Gedenkstätte gehören außerdem ein Dokumentationszentrum und ein wissenschaftlicher Bereich, der verschiedene Archivbestände umfasst.

www.memorial-compiegne.fr/

Internierungslager von Gurs (Departement Pyrénées-Atlantiques)

©Gaizka Iroz AFP
Das Lager, das 1939 ein Zufluchtsort für die spanischen Republikaner war, wurde im Mai 1940 zunächst zu einem Internierungslager für politische Gegner, im Oktober gleichen Jahres dann für französische und ausländische Juden. Mit 80 Hektar Fläche und 250 km Stacheldraht zählt das Lager von Gurs zu den ausgedehntesten Frankreichs. Nahezu 20.000, vorwiegend deutsche Juden wurden hier vor der Deportation in den Holzbaracken zusammengepfercht. Zwischen August 1942 und März 1943 werden mehrere Tausend Gefangene in sechs Konvois nach Auschwitz gebracht.

Eine nationale Gedenkstätte wurde 1994 eingeweiht.

www.campgurs.com/default.asp?type=S&savoirplus=1&idsection=1

Die Gedenkstätte des Lagers Rivesaltes (Departement Pyrénées-Orientales)

©Frederic Hedelin Only France
In dem 1938 entstandenen Militärlager von Rivesaltes werden auf 600 Hektar spanische Republikaner, Juden, Zigeuner und politische Gegner gefangen gehalten. Zwischen 1941 und 1942 wurden 21.000 Gefangene in dieses Lager gebracht. Zwischen August und November 1942 deportieren neun Konvois aus Rivesaltes 2.300 Juden in die Vernichtungslager.

Die am Standort eines ehemaligen Blocks des Lagers errichtete Gedenkstätte von Rivesaltes wurde im Juni 2015 eingeweiht. Auf 4.000 Quadratmetern umfasst sie Bereiche für wechselnde Ausstellungen und Dauerausstellungen, einen Hörsaal sowie mehrere Dokumentationszentren.

www.facebook.com/pages/M%C3%A9morial-du-Camp-de-Rivesaltes/382125258553930

Die Archivbestände des Départements Pyrénées Orientales haben die Ressourcen betreffend der Inhaftieren zugänglich gemacht.

https://archives-camps.cg66.fr/basescamps

Die Gedenkstätte des Gefängnisses von Montluc (Rhône)

©Philippe Merle AFP
Das in den 1920er-Jahren gebaute Gefängnis von Montluc wird in den Kriegsjahren als Internierungsgebäude für politische Gegner, Widerstandskämpfer und schließlich für Juden verwendet, die Opfer der antisemitischen Gesetzgebung wurden.

Die Gedenkstätte wurde 2010 durch den französischen Premierminister François Fillon, eingeweiht.

Mehr lesen (Download der Broschüre im PDF-Format)

Das ehemalige Lager von Natzweiler-Struthof (Departement Bas-Rhin)

(cc)Bram Cymet
Zwischen 1941 und 1945 wurden 52.000 Personen dreißig unterschiedlicher Nationalitäten in das KL-Natzweiler deportiert. Die Gefangenen wurden als Zwangsarbeiter für den Straßenbau und den Betrieb eines Steinbruchs in der Nähe des Lagers eingesetzt. Ab 1942 wurden bestimmte Gefangene zudem für pseudo-wissenschaftliche Versuche verwendet. Im August 1943 erfolgte die Ermordung von 86 Juden in der experimentalen Gaskammer, die in einer ehemaligen Herberge eingerichtet worden war. Insgesamt sind im Lager oder bei Todesmärschen 22.000 Gefangene gestorben.

Die nationale Gedenkstätte der Deportation, ein 41 Meter hohes Mahnmal des Architekten Bertrand Monnet, wurde 1960 auf dem Gelände des ehemaligen Lagers errichtet.

www.struthof.fr/de/empfang/

Das Arbeitslager von Thil im Departement Meurthe-et-Moselle ist von Mai bis September 1944 ein Nebenlager von Struthof. Es lag in der Nähe eines Bergwerks und diente der Herstellung von Militärmaterial. Dort waren mehrere Tausend Zwangsarbeiter interniert, von denen 900 ins Ausland deportiert wurden.

Nach dem Krieg wurde am Standort eine Krypta errichtet, die insbesondere an das hier einst anzutreffende Krematorium erinnert.

MAISON D’IZIEU, GEDENKSTÄTTE FÜR DIE ERMORDETEN JÜDISCHEN KINDER (AIN)

© Studio Erick Saillet

Im Mai 1943 eröffnen Sabine und Miron Zlatin mit Genehmigung des örtlichen Unterprefekten Pierre-Marcel Wiltzer und in Zusammenarbeit mit dem Kinderrettungswerk Oeuvre de Secours aux Enfants (OSE) in der Ortschaft Izieu im italienischen Besatzungsgebiet ein Kinderheim. Mehr als hundert jüdische Kinder und auch einige Erwachsene finden hier Schutz vor Verfolgung. Am 6. April 1944 werden von der Gestapo und Soldaten der Wehrmacht auf Befehl von Klaus Barbie 44 Kinder und 7 erwachsene Betreuer festgenommen und deportiert. Nur eine der Betreuerinnen überlebt.

  • Als Gedenkstätte für die ermordeten jüdischen Kinder bewahrt das Maison d’Izieu die Erinnerung an die jüdischen Kinder und Erwachsenen, die hier Zuflucht gefunden haben. Dabei ist das Maison d’Izieu nicht nur ein Memorial für die Kinder von Izieu, es ist auch der Ort ihrer Verhaftung und ein Museum, das an den geschichtlichen Hintergrund erinnert und das Konzept der „Verbrechen gegen die Menschlichkeit” erklärt.
  • Das Haus, in dem das Heim von Izieu untergebracht war, wurde im 19. Jahrhundert im Weiler Lélinaz, etwas unterhalb von der Ortschaft Izieu errichtet. Zu dem abseits gelegenen Anwesen gehören das Wohnhaus, an das sich eine lange Terrasse anschließt, und zwei Landwirtschaftsgebäude, die Scheune und die ehemalige Seidenraupenzucht, in denen die Dauerausstellung untergebracht ist. Die Schulungsräume sowie das Informations- und Dokumentationszentrum befinden sich in einem neuen Gebäude.

Die Gedenkstätte wurde am 24. April 1994 von dem damaligen Staatspräsidenten François Mitterand eingeweiht.
Das Maison d’Izieu ist neben dem ehemaligen Vélodrome d’Hiver und dem ehemaligen Internierungslager von Gurs eine der drei durch präsidialen Erlass vom 3. Februar 1993 anerkannten nationalen Gedenkstätten für die Opfer der rassistischen und antisemitischen Verfolgungen und der Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die unter Mittäterschaft der Regierung von Vichy begangen wurden.

www.memorializieu.eu

www.facebook.com/pages/Maison-dIzieu-m%C3%A9morial-des-enfants-juifs-extermin%C3%A9s/224980240872359


Mehr erfahren über die Gedenkstätten der Internierung und Deportation der Juden aus Frankreich zwischen 1941 und 1944:

www.cheminsdememoire.gouv.fr/de/lieux-de-memoire/patrimoine/Camp-d%26apos%3Binternement